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Gruppenbild am Grupenausgang

Die Geschichte des Todtnauer Bergbaus

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Inhalt:

von Benno Dörflinger

Die Stadt Todtnau, Austragungsort des ersten Baden-Württembergischen Bergmannstages, liegt im oberen Wiesental am Fuße des Feld­bergs, dem mit 1493 m höchsten Berg des Schwarzwaldes. Die Einwohnerzahl der Ge­samtgemeinde beträgt etwa 5.000 Personen. Neben Handel, Handwerk und Gewerbe ist die Textil-und Bürstenindustrie von großer wirt­schaftlicher Bedeutung. Zwei Maschinenfabri­ken liefern ihre Erzeugnisse in alle Welt.

Ideale Voraussetzungen, sowohl im Sommer als auch im Winter, bietet das Todtnauer Fe­rienland für den Fremdenverkehr. Es sind alle Einrichtungen vorhqnden, um den Gästen einen erholsamen Urlaub zu vermitteln. Als Wiege des deutschen Skisports und als Austra­gungsort deutscher und internationaler Ski­meisterschaften (Alpiner Weltcup) ist Todtnau in Wintersportkreisen ein fester Begriff.

 

Die Anfänge des Bergbaus

Schon in alter Zeit war der Schwarzwald als erzreiches Gebirge bekannt. Bei Badenweiler läßt sich bereits römischer Bergbau nachwei­sen. Der Abbau der silberhaligen Erzgänge im oberen Wiesentai scheint in größerem Umfang ums Jahr 1150 aufgenommen worden zu sein. Schon 1288 erhielt die zu Wohlstand gekom­mene Todtnauer Bürgerschaft vom Kloster St. Blasien gegen Bezahlung von 100 Mark Sil­ber, das sind nach heutigem Gewicht etwa 24 Kilogramm, das Recht, eine Pfarrkirche zu er­bauen und einen Friedhof anzulegen. Das seit 1341 bekannte Siegel von Todtnau zeigt einen Bergmann mit Schlägel, Eisen und Geleucht und ist eines der ältesten deutschen Stadtwap­pen mit einer Bergbaudarstellung.

Der Bergbau wurde in jener Zeit von soge­nannten „Fronern“ mit ihren Teilhabern betrie­ben, vergleichbar mit einem heutigen' Hand­werksbetrieb mit Meister, Gesellen und weite­ren Hilfskräften.

Die von der Landesherrschaft, den Grafen von Freiburg, verliehenen Grubenfelder nannte man „Froneberge. In jeder Verleihungsur­kunde waren Rechte und Pflichten des Lehen­inhabers und seiner Teilhaber genau beschrie­ben. So herrschte in den Gruben Baupflicht, d. h. standen die Werke länger als 6 Wochen und 3 Tage still, so konnte sie ein anderer Be­werber beanspruchen. Als Abgabe wurde zu­meist der ,,10. Kübel Erz“ festgelegt. Dafür ver­sprach der Landesherr den Fronern, Weg, Wasser und Holz zu garantieren und sie gegen Gewalt und Unrecht in Schutz zu nehmen.

Zwischen den Jahren 1285 und 1355 standen im Todtnauer Revier folgende Bergwerke in Betrieb:

  • ze der alten Fron
  • zem alten Tottenstein
  • an der Schindelhalde
  • des Schulersfron
  • Cueniginsfron
  • Hasenfron
  • Anrosfron
  • Kolersfron
  • zer Bach
  • zem Gauch Rechhaberslehn
  • ze den acht Claftern Rothwiese Brandbach
  • die dritte Fron

 

Nachdem die Grafen von Freiburg bereits im Jahre 1368 ihre Stadt und die umliegenden Territorien verloren hatten, mußten sie um 1400 auch ihre Bergrechte im Todtnauer Revier aufgeben. Ihre Nachfolge trat das Haus Habs­burg an.

Aus der Blütezeit

Neben Todtnau war auch Schönau ein wichti­ger Marktort, in dem Silber, Blei und Glätte verkauft wurden. Hier besorgten sich die Münzstätten des Breisgaues und der Nordschweiz ihr Münzsilber. Unter Herzog Albrecht 111. entstand im Jahre 1387 in Todtnau eine eigene Münzstätte. Im Rahmen des Rappen­münzbundes, dem 74 Städte und Herrschaften angeschlossen waren, schlug man hier d ie sog. „Brakteaten“, das sind einseitig geprägte, sil­berne Pfennige. Die bekannteste dieser Mün­zen zeigt als Münzbild das Zeichen „To“ für Todtnau und daneben den österreichischen Bindenschild. 

Im Jahre 1387 erhielt Todtnau das Recht, eigene Münzen zu schlagen. Der oben abge­bildete Pfennig, ein sogen. Brakteat, zeigt als Münzbild die Buchstaben TO für Todtnau, da­neben den österreichischen Schild.

(Sammlung Dörflinger)

Das bedeutendste Bergwerk des 15. und 16. Jahrhunderts im Todtnauer Revier war die Grube zum Gauch. Neben Bürgern von Todt­nau, Freiburg und Basel besaß der Abt von SI. Blasien und sogar der Bischof von Brixen, in Südtirol, Anteile an diesem Bergwerk. Kaiser Maximilian 1., der ein großer Förderer des Bergbaus war, erließ für diese Grube eigene Ordnungen. Im Jahre 1515 stifteten die Gauch­gewerken ein prächtiges Glasfenster für das Freiburger Münster.

Als bemerkenswerte technische Einrichtung besaß die Grube zum Gauch ein Wasserrad, das von zwei langen, künstlich angelegten Ka­nälen mit Wasser versorgt wurde. Mit Hilfe die­ses Rades förderte man das Erz aus dem tief­sten Schacht. Der heutige Todtnauberger Orts­teil Radschert enthält in seinem Namen noch das alte Wort „Radschacht“.

Um das Erz in noch größerer Teufe abbauen zu können, legte man unterhalb von Aftersteg einen 1 ,6 km langen Erbstollen an. Der Clewi Wölfle wurde im Jahre 1464 beauftragt, diesen Stollen auszumessen. Dies ist die erste Erwäh­nung eines Markscheiders im Schwarzwald. Seit 1954 bezieht die Stadt Todtnau einen Teil ihres Trinkwassers aus diesem ehemaligen Sil­berstollen. Weitere bedeutende Bergwerke be­fanden sich in jener Zeit in Brandenberg, am Silberberg, in Fahl und am Rotenbach in der Nähe des Feldberggipfels.

Bergbaukrise um 1580

Durch die Entdeckung Amerikas, das billiges Silber nach Europa lieferte, sowie eine allmäh­liche Erschöpfung der Lagerstätten im südli­chen Schwarzwald, trat in den Jahren nach 1580 eine schwere Bergbaukrise ein. Viele Bergleute wurden arbeitslos und zogen in an­dere Reviere fort. Das Bergrichteramt Todtnau, das seit dem Jahre 1300 bestand, wurde aufgelöst.

Die zurückgebliebenen Knappen versuchten nun, mit anderen Arbeiten ihren Lebensunter­halt zu bestreiten. Sie verlegten sich auf die Herstellung von hölzernen Gebrauchsgegen­ständen wie Schachteln, Laden, Schindeln, Re­chen und Löffeln.

Durch die verheerenden Brände von 1553 und 1689 verlor Todtnau seinen städtischen Cha­rakter und sank zu einem unbedeutenden Dorf herab.

Neubeginn nach 1720

Erneute Bergbauversuche auf Blei und Silber in den Jahren nach 1720 endeten für die Betei­ligten mit Verlust. Erst als Caspar Berger seine im Jahre 1755 eröffnete Grube „Maus“ an den Baron von Beroldingen verkaufte, zeichnete sich wieder regelmäßiger und erfolgreicher Bergbau ab. Um die geförderten Erze aufberei­ten und schmelzen zu können, baute v. Berol­dingen in den folgenden Jahren zuerst ein Poch- und Waschwerk und anschließend ein Schmelzwerk mit angeschlossenem Treibe­ofen. Das erzeugte Silber lieferte er in die Münz­stätte in Günzburg an der Donau, in der auch die berühmten Maria-Theresia-Taler geprägt wurden.

Im Jahre 1776 kauften die Brüder lselin aus Basel die Grube „Maus“ mit allen Tagegebäu­den. Sie betrieben das Werk mit wechselndem Erfolg, bis durch die napoleonischen Kriege der Bergbau im Mauswald zum Erliegen kam.

In der Nähe der Todtnauer Hütte, unterhalb des Feldberggipfels, liegt die schon im Mittelalter bedeutende Grube Rotenbach. Sie wurde im Jahre 1761 mit Unterstützung des Freiburger Bergrichters v. Mohr von einigen Bergknappen untersucht und bald darauf in Betrieb genom­men. Die geförderten Kupfer- und Bleierze transportierte man nach Hofsgrund, da am Ro­tenbach kein Schmelzwerk bestand.

Im oberen Teil des Grubenfeldes in über 1300m Höhe befand sich die höchst gelegene Stollen- und Schachtanlage des Schwarz­waldes. So wird es verständlich, wenn ineinem Bericht nach Wien geklagt wird: „Wegen des Winters muß das Silber-und Kupferbergwerk über sechs Monate unbearbeitet bleiben.“

Nach einer kurzen Betriebsunterbrechung un­ternahm man nach 1794 ei nen neuen Versuch, den Bergbau am Rotenbach in größerem Um­fang wieder aufzunehmen. Die k. u. k. Hofkam­mer befürwortete den Bau eines Poch­werkes mit sieben Stempeln, einer Erzwäsche und eines geräumigen Zechenhauses. Bei der Übergabe des oberen Wiesentales an den Her­zog von Modena im Jahre 1803 sind die Anla­gen am Rotenbach als „voll funktionsfähig“ ins Protokoll buch eingetragen worden.

Eine Gewerkschaft, die hauptsächlich aus Schweizer Bürgern bestand, baute seit dem Jahre 1784 in den Grubenfeldern „St. Maria­Anna“ in Fahl, im „Wasserloch“ und am „Silber­berg“. Große Verdienste am Zustandekommen dieser Gesellschaft erwarb sich der Freiburger Bergrichter H. von Carato. Er arbeitete auch Vorschläge zum Betrieb der Gruben aus. Sein Plan sah vor, sowohl den Maria-Anna-Stollen als auch den Wasserlochstollen nach Süden aufzufahren, um den Silberberggang zu errei­chen. Besonders beeindruckend fand v. Ca­rato, daß mit dem Wasserlochstollen der Sil­berberggang um fast 300 m unterfahren wer­den könnte, „eine wahrhaftig seltene Saiger­höhe“, wie er in einem Gutachten voller Re­spekt vermerkte. Ihr Ziel, den Silberberggang zu erreichen, konnte die Gesellschaft nicht ver­wirklichen, da sie wegen der Kriegsereignisse den Betrieb einstellen mußte.

Im 19. Jahrhundert kam es im oberen Wiesen­tal, das in der Zwischenzeit von Osterreich los­gelöst und der Markgrafschaft Baden zugeteilt war, noch einmal auf einigen Gängen zu berg­baulichen Tätigkeiten. So in der Grube „Maus“ in Todtnau, „Bernhard“ in Geschwend, „Lud­wig“ in Aitern und „Stephanie“ in Schönen­berg. Aber in allen Werken mußte die Arbeit nach wenigen Jahren eingestellt werden. So kam der Bergbau um 1890 endgültig zum Erliegen.

Flußspatperiode 1914 – 1974

Ein neues Kapitel Todtnauer Bergbauge­schichte wurde in den Jahren nach 1914aufge­schlagen. Gegenstand des Abbaues waren je­doch nicht mehr Blei- und Silbererze, sondern das Gangmineral Flußspat, das die Bergleute des Mittelalters und des 18. Jahrhunderts als wertlos auf die Halde geworfen haben. In der Zwischenzeit hatte man die Bedeutung des Flußspates als Flußmittel in der Eisenhütten­industrie erkannt. Weitere Anwendungsge­biete fanden sich in der Chemie und in der Glasindustrie. Aufgrund der wachsenden Nachfrage versuchten verschiedene Firmen in den Revieren Todtnau /Fahl und Utzenfeld / Wieden Schürf- und Abbaurechte zu erhalten. So die Badische Flußspatgesellschaft in Todt­nau und die Wiesentäler Bergbau AG in Wieden.

Seit 1924 baute der Bergbauunternehmer Theodor Burger aus Nürnberg auf der Süd­seite des Finstergrundganges in den Stollen .• Max I“ und .• Max 11″. Er gründete im Jahre 1930 die Gewerkschaft Finstergrund. Jedoch schon sechs Jahre später verkaufte er sein Werk an die Firma Montan-Industrie in Mün­chen. Repräsentant dieser Firma war Garl Wöl­fel, der einige Zeit später die Mehrheit an der Gewerkschaft Finstergrund übernahm.

Auf Empfehlung von Theodor Burger wurde Garl Fischer als Betriebsleiter eingestellt. Fi­scher war ein hervorragender Spatfachmann und hat in den folgenden Jahrzehnten bei der Erschließung und dem Abbau der Lagerstätten des oberen Wiesentales Pionierarbeit geleistet.

1936/37 übernahm die Gewerkschaft Finster­grund alle Grubenfelder in Todtnau, Branden­berg und Fahl. Vor und während des zweiten Weltkrieges fand aber nur in Utzenfeld, Wieden und Aitern Spatabbau statt. Erst in den Jahren nach 1950 nahmen die Werke Rotwiese in Brandenberg, Tiefkännel in Fahl sowie Baum­halde und Tholusbrunnen am Silberberg den Betrieb auf.

Die größte wirtschaftliche Bedeutung erreichte die Grube Rotwiese in Brandenberg. Nach dem Bau eines 75 m langen Querschlages traf man auf den Erzgang und hat ihn auf etwa 300 m nach Norden und Süden abgebaut. Durch zwei Schächte war der Abbau bis zur 80 m-Sohle möglich. Wie H. Schürenberg (1957) berichtet, fanden sich an einigen Stellen sowohl Schlägel- und Eisenarbeiten als auch Feuersetzspuren aus der mittelalterlichen Betriebszeit. Heute steht die Grube von der 22 m­Sohle abwärts unter Wasser.

Bis zum Jahre 1965 hat die Gewerkschaft Fin­stergrund im RevierWieden lTodtnau 14687 m­Stollen, 440m Schächte und Gesenke sowie 635 m Hochbrückeangelegl. Von 1936bis 1964 betrug die Förderung 712.000 Tonnen Roherz mit einem mittleren GaF2-Gehalt von 56%.

Im Jahre 1969 verkaufte Garl Wölfel aus Alters­gründen sein „stolzes Lebenswerk“ an die Firma Bayer, Leverkusen. Doch schon einige Jahre später kündigte sich das Ende des Gru­benbetriebes an. Durch ständig steigende Ko­sten sowie preisgünstigere Einfuhren sah sich die Firma Bayer gezwungen, den Spatabbau einzustellen. Damit kam der traditionsreiche Bergbau im oberen Wiesental zum Erliegen.

In Anwesenheit des Grafen von Freiburg, des Todtnauer Bergrichters Johannes Wirri und unter Mitwirkung der angesehendsten Berg­leute aller umliegenden Reviere wurde im Jahre 1372 auf dem Schauinsland das Dissel­muter Bergweistum vertaßt. Dieses Rechtsgut­achten ist eine der ältesten in deutscher Schrift abgefaßten Bergordnungen.